Interview

Ursula Lachnit-Fixson wurde 1931 in Berlin geboren. Sie studierte Medizin und wurde an der FU Berlin promoviert. Für ihre international anerkannte Arbeit erhielt die Ärztin und Wissenschaftlerin vielfache Ehrungen, darunter den Ehrendoktor der Budapester Semmelweis-Universität. Ihre Fachgebiete sind Gynäkologie und Endokrinologie. Einen Teil der Fachausbildung absolvierte Frau Dr. Lachnit-Fixson in den USA. Sie arbeitete einige Jahre am Moabiter Krankenhaus, bevor sie über 30 Jahre in der Schering AG tätig war, vornehmlich in der Hormonforschung. In den letzten Jahren ihrer Schering-Tätigkeit  leitete sie dann die gesamte Klinische Forschung. Unter ihrer Verantwortung entstanden fast alle von Schering weltweit auf den Markt gebrachten Verhütungspillen und Mittel zur Hormonersatz-therapie.

Wie kamen Sie auf die Idee, eine Stiftung  zu gründen?

Ich habe keine direkten Nachkommen. Was macht man Sinnvolles mit dem Geld, das man in Jahren sehr harter Arbeit verdient hat? Mindestens die Hälfte meiner Schering-Jahre war ich in aller Welt tätig. Da hatte ich gar keine Zeit, es auszugeben.

Ihre Stiftung verfolgt mehrere Zwecke.

Wir wollen zum einen das Andenken an die jüdischen Menschen in der Zeit der Verfolgung bewahren helfen. Zugleich war es mir immer wichtig, dass die Geschichte der Juden nicht ausschließlich auf die Zeit der Verfolgung beschränkt wird. Mir geht es darum zu zeigen, was Deutschland und Österreich den Juden verdanken. Darum will ich historische Arbeiten unterstützen, die das Wirken jüdischer Menschen in der deutschen Geschichte würdigen und ihre wissenschaftlichen und kulturellen Leistungen als Teil des deutschen kulturellen Erbes pflegen und bewahren.

Es gibt noch einen dritten Stiftungszweck.

Er betrifft die Förderung der Integration jüdischer Einwanderer in Deutschland, insbesondere in Berlin. Ich halte diesen Zustrom für ein Glück.

Warum haben Sie Ihre Stiftung an das Centrum Judaicum „angebunden“?

Die Stiftungsidee stammt von mir. Mich an Hermann Simon vom Centrum Judaicum zu wenden, empfahl mir meine Freundin Dr. Lowenthal-Hensel aus der bekannten Mendelssohn-Familie. Dem Stiftungsvorstand gehört übrigens neben Dr. Simon und mir auch der Rechtsanwalt Dr. Ingo Fessmann an.

Chancen, von uns gefördert zu werden, haben alle, ob jüdisch oder nicht, bei denen man annehmen kann, dass sie eine gute wissenschaftliche Arbeit beginnen oder zum Abschluss bringen wollen, darunter vor allem jüdische Einwanderer, die ihren Weg in eine gesicherte Zukunft in Deutschland gehen werden. Wenn die Stiftungsidee auch breiter angelegt ist, hoffe ich persönlich, dass sich darunter auch viele junge Naturwissenschaftler befinden.

Mit Frau Dr. Dr. h.c. Ursula Lachnit-Fixson sprach Ulrich Werner Grimm.

(Auszüge aus einem  erstmals in „jüdisches berlin“, Nr. 15 (Juni) / 1999 veröffentlichten Interview.)